2023-07-10

Exkursionstag "Synagoge" der 9. Klassen

Der Exkursionstag im Schuljahr 2022/23 führte die 9. Klassen in die Synagogen von Salzburg und Regensburg. Leider lässt es sich über den Exkursionstag nicht ermöglichen, beide Synagogen aufzusuchen. Denn tatsächlich stehen die jüdische Gemeinde in Regensburg, die durch Zuzug aus Osteuropa stetig wächst und ihre Infrastruktur entsprechend erweitert hat, und die überschaubare Gemeinschaft in Salzburg, die in ihrer Geschichte seit je her auch vorübergehender Anlaufstelle für jüdische Reisende, Besucher und Flüchtende war, für zwei Extreme jüdischen Lebens im deutschsprachigen Raum.

Besuch der Synagoge in Regensburg
Die Klassen 9b und 9d begaben sich am diesjährigen Exkursionstag auf die Spuren jüdischen Lebens in Regensburg. Die Exkursion begann mit einem Besuch in der neuen Synagoge der jüdischen Gemeinde. Die Schülerinnen und Schüler machten sich mit dem modernen Gebäude vertraut und erhielten von Rabbi Benjamin Kochan Einblick in den Ablauf und wichtige Bestandteile des Gottesdienstes. Eine Tora-Rolle, das Heiligste jeder Synagoge, wurde gezeigt und wir lernten, dass der Toraschrank immer nach Israel ausgerichtet ist. Der Rabbi las eine Stelle aus der Tora auf Hebräisch mit der dafür typischen Melodie vor und anschließend bekamen wir eine kurze Einführung in das Hebräische. Zuletzt beantwortete der Rabbi geduldig all unsere Fragen. Mit vielen Eindrücken und neuem Wissen über den jüdischen Glauben verabschiedeten wir uns.



Der zweite Teil des Programms führte uns im Rahmen einer Führung zum und unter den Neupfarrplatz. Im document sind gut erhaltene alte Keller der Römerzeit zu besichtigen. Im frühen Mittelalter befand sich am Neupfarrplatz das jüdische Viertel. Mittels einer technischen Rekonstruktion einiger Teile des Viertels, wurden wir in diese Zeit zurückversetzt. Zudem werden Funde der Römerzeit, des Mittelalters sowie der Neuzeit, wie z. B. Goldmünzen oder ein alter Ring mit jüdischem Siegel, hier ausgestellt. Auch ein Ringbunker aus dem 2. Weltkrieg ist zu sehen. Abschließend erkundeten die Schülerinnen und Schüler in Kleingruppen Regensburg selbstständig, bevor es mit dem Zug wieder zurück nach Mühldorf ging.

Besuch in der Synagoge in Salzburg
Die Klassen 9a und 9c wurden in der israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg nach der notwendigen aber durch alle Beteiligten mit viel Humor absolvierten Sicherheitskontrolle herzlich von Frau Hanna Feingold begrüßt. Frau Feingold begegnete den Mühldorfer Besuchern mit großer Offenheit und so gelang es ihr, die Schülerinnen und Schüler in einen produktiven Austausch über die Glaubensgepflogenheiten in Christentum und Judentum zu verwickeln. Weder die Gemeinsamkeiten der beiden Weltreligionen noch das Staunen über das Anders-Leben und -Glauben der jeweils anderen Religion kamen in diesen anregenden 90 Minuten zu kurz. Frau Feingolds ganz persönliche Wahrnehmung, dass es im Frauenbereich der Synagoge, wo man nicht alle Gebete mitsprechen muss und sich spontan auch ins Gespräch mit Mitgliedern der Gemeinde vertiefen kann, die selten zum Gebet kommen, sehr viel freier zugeht, führte zu allgemeinem Schmunzeln.



Natürlich sind die jüdische Gemeinde und auch Frau Feingold, die Witwe des Holocaustüberlebenden Marko Feingold, von dem sie von 2019 bis 2023 die Präsidentschaft über die Salzburger Gemeinde übernommen hatte, eng mit den Ereignissen der jüngeren Geschichte verbunden. Salzburg war aufgrund seiner günstigen geographischen Lage auf dem Weg nach Israel über die italienischen Häfen ein wichtiger Anlaufpunkt für europäische Juden aller Nationalitäten, die nach Ende des NS-Regimes Europa möglichst schnell den Rücken kehren wollten. Dabei fanden sie vorübergehende Aufnahme in den DP-Camps von Salzburg und nicht wenige erfuhren bei ihren Auswanderungsbestrebungen die Unterstützung von Marko Feingold, der sich nach dieser Phase dem Wiederaufbau der jüdischen Gemeinde und stetigem Wachhalten der Erinnerung an die Schrecken den Holocausts verschrieb. Doch sowohl in Frau Feingolds Ausführungen als auch in der durch die Lehrkräfte durchgeführte Führung durch die Innenstadt, kamen neben der Geschichte der Salzburger Juden im Mittelalter auch die kulturellen Verdienste der jüdischen Kunstschaffenden im ausgehenden 19. Jahrhundert sowie im 20. Jahrhundert vor 1938 zur Sprache. So kommt die Welt bis heute zu den Salzburger Festspielen zusammen, die es ohne ihren jüdischen Mitgründer und Gestalter Max Reinhardt und den "Jedermann" aus der Feder des jüdisch-stämmigen Autors und Mitgründers der Festspiele Hugo von Hofmannsthal so wohl nicht geben würde.



Autor: StRin J. Linnert, StRin A. Kiesling